Sanierung der Kastenbockwindmühle
An der Kastenbockwindmühle in Tönisberg finden seit einiger Zeit verschiedene Reparatur- und Sanierungsarbeiten statt. Nachdem Ende vergangenes Jahr bereits die Flügel abgenommen worden waren, um die Mühle zu entlasten, wurde nun der gusseiserne Wellenkopf auf mögliche Risse untersucht. Dieser stammt vermutlich aus der Zeit der Errichtung der Mühle von 1802. Bei der Untersuchung handelt es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, die jedoch nur dann durchgeführt werden kann, wenn die Ruten an denen die Flügel der Windmühle befestigt sind, abgenommen sind.
Der Wellenkopf der Kastenbockwindmühle besteht aus zwei rechtwinklig gegeneinander versetzten Vierkant-Hohlprofilen, durch die die Ruten gesteckt werden. Um bei der Untersuchung des Wellenkopfs möglichst gute und genaue Messergebnisse zu erhalten, musste zunächst die alte Beschichtung durch Sandstrahlen abgetragen und der Wellenkopf gründlich gereinigt werden. Um die restliche Mühle während der Arbeiten zu schützen, wurden durch den Zimmereibetrieb Klinkenberg aus Tönisberg Stahlbleche um den Wellenkopf montiert. Im Anschluss konnte der Wellenkopf durch die Firma Betonsanierung West aus Rheinberg sandgestrahlt werden.
Unmittelbar danach wurde die Untersuchung durchgeführt. Das ist wichtig, damit die Oberflächen des Wellenkopfes noch sauber sind und nicht schon Flugrost ansetzen. Die eigentliche Prüfung wurde vom TÜV Austria ausgeführt und bestand aus zwei Arbeitsschritten. Im ersten Schritt wurde eine Oberflächenrissprüfung des Wellenkopfes mittels einer Magnetpulverprüfung (MT) durchgeführt. In einem zweien Schritt folgte anschließend eine Volumenprüfung der inneren und äußeren Kanten auf Anrisse mittels einer Ultraschallprüfung. Damit das Material im Anschluss wieder vor Witterungseinflüssen geschützt ist, wurde unmittelbar nach der Untersuchung ein Korrosionsschutz durch die Firma Betonerhaltung West aufgetragen.
Im nächsten Schritt soll der Mühlkasten nun vom Bock gehoben werden, damit er saniert werden kann. Dafür wird zunächst ein Stahlkorsett passend für den Mühlenkörper hergestellt. Der Auftrag dafür konnte kürzlich an das Mühlenbauunternehmen Wilhelm Möller vergeben werden.
Zur Geschichte der Kastenbockwindmühle
Die Bockwindmühle in Tönisberg im nordöstlichen Stadtteil Kempens ist eines der bedeutungsvollsten Denkmäler der Stadt Kempen. Auf einer Anhöhe zwischen Kempen und Neukirchen-Vluyn stellt die Kastenbockwindmühle als eine der letzten vier Kastenwindmühlen am Niederrhein eine besondere Landmarke dieser Gegend dar.
Typisch für Bockwindmühlen ist die Möglichkeit, diese mittels eines langen Hebelarms, einem Stert, in den Wind zu drehen. Der Hausbaum, das „Lot der Mühle" wird gehalten durch den Bock. Oben auf dem Hausbaum ist ein Querbalken mit einem Querschnitt von ca. 65 x 65 cm gezapft. Er bildet den Drehpunkt der Mühle und trägt das Gehäuse. Mit ihren zwei Mahlgängen stellt die Mühle in Tönisberg eine Besonderheit dar.
Die Bockwindmühle stammt ursprünglich aus dem 17. Jahrhundert. Seit August 1802 wurde die Mühle durch den ersten Müller und Pächter Anton Schouten betrieben bis sie von 1831 bis 1832 umfangreich saniert wurde. Nachdem die Kastenbockwindmühle ursprünglich durch eine Mühlengesellschaft betrieben wurde, übernahm 1839 die örtliche Zivilgemeinde mittels einer Übertragung die Eigentumsrechte. Im Jahr 1843 wurde zuerst ein neuer Hausbaum errichtet und von 1879 bis 1880 erfolgten erneute Reparaturarbeiten. Obwohl man erst 1910 den Bock durch eine Stahlkonstruktion ersetzt hatte, wurde nur drei Jahre später der Mühlenbetrieb unter dem letzten Pächter Carl Rögels eingestellt. Der Stahlbock prägte über sechs Jahrzehnte das Erscheinungsbild der Tönisberger Mühle.
Während des Ersten Weltkrieges führte der für Notzeiten typische „Holzklau" zu massiven Schäden an der Mühle. Der seinerzeit gegründete Verkehrsverein versuchte diese mithilfe von Spenden zu beheben. Aufgrund des schon damals bedeutenden historischen Wertes genießt die Kastenbockwindmühle in Tönisberg seit 1925 Denkmalschutz.
Während des Zweiten Weltkrieges diente die Mühle als Beobachtungsposten der Flugabwehr, wobei eine Flak-Batterie mit Ausguck in das Mühlendach eingebaut wurde. Durch einen amerikanischen Granattreffer wurde die Mühle beim Einmarsch der Alliierten am 2. März 1945 gravierend beschädigt. Zusätzlicher Holzdiebstahl während der Nachkriegszeit erforderte eine erneute Instandsetzung, die 1949 vollendet wurde. Diese wurde maßgeblich durch Sachspenden in Form von Holz, Teerpappe, Eisen o.ä. finanziert, die verschiedene Beteiligte (Land, Kreis, Vereine, Bürger) der Region gemeinsam aufbrachten.
1968 wurde die Tönisberger Mühle komplett demontiert und fünf Jahre später wieder neu aufgebaut. Dies geschah unter der Leitung des letzten Mühlenbauers vom Niederrhein, Johannes Vossdellen aus Lobberich-Sassenfeld. Der Aufbau der Mühle 1973 erfolgt unter Wiederverwendung möglichst vieler bereits vorhandener Bauteile wie dem Steinbalken (Hammer), dem Hausbaum und der Flügelwelle. Es wurde auf die Drehbarkeit des Korpus verzichtet und der Bock statt in Stahl wieder in Holz ausgeführt. Bei dem Wiederaufbau 1973 wurden Details teilweise nicht entsprechend der Ausführungspläne umgesetzt und fachlich nicht optimal ausgeführt.
Im Zuge der Neugründung des Heimatvereins Tönisberg e.V. am 1. Juni 1998 wurde das Wahrzeichen erstmals für interessiert Besucher geöffnet und über Technik sowie Historie der Mühle informiert. Seitdem findet traditionell am Pfingstmontag der „Tag der offenen Mühle" statt (vgl. www.heimatverein.de und Informationstafel an der Mühle).